Wisst ihr noch, damals, als Gothic I auf den Markt kam? Da schickte sich doch glatt eine kleine, unbekannte, deutsche Firma an, den Giganten „The Elder Scrolls“ herauszufordern. Mit Erfolg, wie wir heute alle wissen – zumindest hier in Deutschland. Von da an war klar, dass wir einen Zweikampf zwischen den zwei erleben durften: David gegen Goliath, die Bibel lässt grüßen. Und wie es die Fachpresse und die Fans so wollten, war Gothic bald die etablierte Marke, was die Wertungen im dicht bevölkerten Deutschland betraf. Schnell stellte sich heraus: Mit großen 3D-RPGs mit einer offenen Welt lässt sich ordentlich Geld scheffeln. Bald kam Gothic II samt Add-On und endgültig war klar, dass die Piranha Bytes eine unfehlbare Firma waren. Unfehlbar? Natürlich nicht, denn ein ungeduldiger Publisher beschleunigte den Release von Gothic 3 so stark, dass.... aber dazu später.
Quests, Spielwelt, Charaktere, Atmosphäre... Gothic II gilt bis heute als Meisterwerk und unter Fans noch immer als ungeschlagen.
Nachdem der vierte Ableger der Elder Scrolls-Serie herauskam, musste Gothic 3 nachziehen. Aber nicht so leicht! Denn da schob sich plötzlich ganz dreist Reality Pump mit Two Worlds dazwischen. Dieses wurde bei der Ankündigung eher belächelt, stand es doch unter dem Schatten des inzwischen herangewachsenen Gothic und des gefeierten Oblivion. Doch als dann die ersten Previews erschienen war die Begeisterung groß, ihr kennt die Geschichte ja. Damals hatte Two Worlds allerdings gegenüber Two Worlds II einen entscheidenden Verkaufs-Vorteil: Es gehörte zu den großen 3 des Genres, es kam quasi keine weitere Konkurrenz ; außerdem war kurz davor die Enttäuschung über Gothic 3 groß, was Two Worlds die unerwartete Aufmerksamkeit aller Rollenspieler verschaffte, die nach neuer Nahrung dürsteten. Gothic 3 war als Konkurrent sogar fast ausgeschaltet, da auch Fans massenweise den Kauf verweigerten. Tragischerweise schaffte es weder Two Worlds, noch Gothic 3 auch nur ansatzweise die Wertungen von Oblivion zu erreichen.
Two Worlds stand beim Release absolut im Rampenlicht, aber auch in der Kritik. Auf der Xbox 360 musste es sich sogar nur gegen Oblivion wehren – Gothic 3 erschien nur für den PC.
Nun zu Two Worlds II: Hier ist das Pflaster deutlich härter und Reality Pump ist beinahe dazu gezwungen, gute Qualität abzuliefern. Die Gründe dafür sind offensichtlich: Nach der Katastrophe namens Gothic 3 zerstritten sich Publisher und Entwickler – das Ergebnis ist, dass wir Gothic 4 und Risen erwarten, also einen Konkurrenten mehr. Seitens Bethesda gibt es derzeit keine Ankündigung für einen Nachfolger, was eigentlich ganz gut für Reality Pump ist. Weniger gut wäre allerdings folgendes Szenario: Two Worlds II steht kurz vor dem Release und ist endlich wieder in den News, doch dann kommt der Hammer: Elder Scrolls V wird mit Bildern und Trailern angekündigt. Wäre das der Fall, so wäre alle Aufmerksamkeit bei Bethesda. Aber nicht nur das: Risen und Gothic 4 machen Anstalten, auch auf der Xbox 360 zu erscheinen, was Two Worlds dort erneut schwächen würde. Dann haben wir noch Divinity 2. Das eher abgeschlagene Rollenspiel könnte sich als Todesstoß für Two Worlds II herausstellen, denn es trifft dieses mitten ins Herz: Action-Kampfsystem? Wurde besser umgesetzt. Fahrten mit einem Boot als neues Fortbewegungsmittel? Pah, Divinity 2 bietet uns sogar einen Drachen! Fallout 3 ist schon vor einiger Zeit erschienen – auch ein Rollenspiel mit offener Welt aus dem Hause Bethesda, ebenfalls für die Xbox 360 erhältlich. Hinzu kommt eine Flut anderer Rollenspiele, die zwar nicht unbedingt mit offener Welt strahlen, aber große Namen mitbringen: Mass Effect 2, Dragon Age und Star Wars: the old republic stammen alle von den Rollenspiel-Meistern BioWare. Star Ocean und Tales of Vesperia dominieren die Xbox 360, Grotesque könnte sich nochmal melden, ein Drakensang-Nachfolger befindet sich in Entwicklung, Venetica steht in der Startrampe, Final Fantasy wird kommen... und das sind mit Sicherheit noch nicht alle.
Ob Temptation oder Two Worlds II, der Kern bleibt eben Two Worlds. Und das ist keine gute Voraussetzung für den Kampf der RPGs.
Was hat da unser Two Worlds II noch zu bieten? Ein Kampfsystem, bei dem man aktiv blocken kann – bei bestem Willen nichts neues. Fahren mit einem Schiff – kennen wir aus „The legend of Zelda: the wind waker“. Eine tolle, neue Grafik – im Vergleich zu Crysis und Far Cry 2? Große, detaillierte Dungeons – Risen schickt sich an, beinahe zur Hälfte unter der Erde zu spielen. Einen großen Namen hat der Titel auch nicht, denn Teil 1 hinterließ einen bitteren Nachgeschmack und hat eine kleine und wenig treue Fangemeinde. Die Rettung könnte durch ein Mod-Kit kommen, das besser ist als bei Teil 1. Oder eben einfach durch Qualität, denn wenn der Titel ohne Innovation tolles Gameplay abliefert, ist er gekauft, das sei mal sicher. Blöd nur, wenn die neue Grafik-Engine ein Eigentor ist und das Spiel auf keinem PC spielbar ist, denn die Systemanforderungen sind zu einer Wahrscheinlichkeit von 99% fehlerhaft und wie wir an Crysis gesehen haben, kann auch das ein großes Problem sein. Auch die umstrittene Aktivierung des Spiels ist ein Manko, Risen will ja z.B. ohne DRM auskommen. Man darf also wie immer gespannt sein, was sich ergibt. Zuxxez sollte seinem Entwicklerteam dieses mal mehr Zeit geben und einen besseren und freundlicheren Support liefern, vielleicht klappts dann diesmal mit den Wertungen. Wie wir wissen, waren die Verkaufszahlen ja auch bei Teil 1 nicht das Problem.
Ein Lichtblick könnte die gute Grafik sein, auch wenn diese sich mehr und mehr zum Hauptaugenmerk des Spiels mausert.
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Euer -Raptor-