Ist er ein Entwickler-Gott? Ist er ein Heuchler, ein Feindbild? Oder ist er vielleicht nur ein alternder, euphorischer Optimist? Ganz egal wie man es dreht und wendet, Peter Molyneux polarisiert. Er ist Designer des alten Schlags, er ist einer der ganz wenigen Entwickler die sich vom Pixeltellerwäscher zum Millionär der virtuellen Wärungen hochgearbeitet haben. Wer die Anfänge des Peter Molyneux betrachtet, kommt um das Spiel „Populus“ nicht herum, sicherlich sein bis heute innovativstes Spiel. Als erste konsequente Gottessimulation sollte es die Zukunft des umstrittenen Designers vorbestimmen, denn abgesehen davon dass seine Visionen und Versprechen mehr als göttlich wirken greift er die Thematik der Allmacht in diversen Spielen wieder auf.
Nun erscheint sein neuestes Werk: Fable 3. Es ist ein Bollwerk der Anti-Innovation und genau deshalb ein Geniestreich.
Herr Molyneux leidet unter der Unentschlossenheit der Konsumenten, denn er hat eine extrem wichtige Verhaltensgrundlage dieser Gruppe erkannt. Wenn ein Spieler einen Titel zockt, dann will er letztendlich nur bekannte Gameplay-Mechaniken in Perfektion mit aufgebohrter Grafik. Er will dafür aber kein Geld bezahlen, denn warum sollte man sein mühsam Erspartes für ein Technik-Update „verschwenden“? Der Kompromiss liegt auf der Hand: Dem Käufer muss suggeriert werden, er kaufe Innovation, dabei darf aber kaum Innovation vorhanden sein. Das ist keine These die zur Diskussion gestellt werden soll, das ist Fakt. Es wird belegt durch die Verkaufszahlen von Sportsimulationen, allen voran Fifa und Pro Evolution Soccer. Beide Serien schlagen sich in den Läden traumhaft und bieten selbst im Vergleich zwischen stark veralteten und top modernen Versionen – aktives Passen hin oder her – keine bahnbrechenden Neuerungen.
Peter Molyneux macht nun nichts anderes als diese Theorie in die Praxis umzusetzen und zu behaupten, der neueste Titel sei innovativ, wobei es sich letztlich nur um optimierte Traditionskost handelt. Problematisch wird es für ihn dann aber, sobald die Käufer merken, dass ihr unbewusster Wunsch belogen zu werden erfüllt wurde, denn niemand lässt sich gerne belügen. Egal wie viel Spaß der neueste Ableger der Fable-Reihe also machen wird, er wird doch von vielen zerpflückt werden, da sich diese Leute teilweise betrogen fühlen und teilweise einfach dumm vorkommen, da sie merken, wie paradox der Wunsch nach klassischem Gameplay das unter dem Titel „Innovation“ verkauft wird doch ist.
Ziehen wir also eine Bilanz: Molyneux macht alles richtig, entwickelt exzellente Spiele die sich im Verkauf ebenso gut schlagen wie in der Fachpresse und wird doch von vielen gehasst. Das ist ihm natürlich nicht verborgen geblieben, weshalb er erst kürzlich einige überraschende Statements aussprach. Beispielsweise war seine Aussage, Fable werde das beste Rollenspiel aller Zeiten, sein angeblich größter Fehler. Sie hat ihm aber einen unglaublichen Aufmerksamkeitsrausch eingebracht, der Grundlage seines aktuellen Erfolgs ist. Die aktuelle „Reue“ dient scheinbar nur als Mittel zum Zweck, den eigenen Ruf aufzupolieren.
Ebenso übt sich der Meister in Selbstkritik: Er habe noch nie ein geniales Spiel hervorgebracht. Auch wenn er als Künstler eine verständliche Bescheidenheit an den Tag legt wirkt diese Aussage bei seinem Ruf doch etwas deplatziert, aber sie lässt den Konsumenten erneut denken, Molyneux werde in Zukunft wahre Revolutionen auf den Markt werfen uns alles bisher da gewesene übertreffen. Wie realistisch das ist, kann sich wohl jeder denken.
Rückblickend war Peter Molyneux also immer genial – sowohl als Designer, als auch (und vor allem) als Geschäftsmann. Er ist ein Meister des Selbstmanagements und schafft es, sich selbt mehr in die Diskussion zu bringen, als den Titel an dem er gerade arbeitet. Er ist ein Designer, bei dem inzwischen kaum noch jemand auf die Qualität der Spiele schaut, sondern nur noch auf die vorangehenden Versprechen und auf den Namen der auf der Verpackung steht.