Das Jahr 2006 ist für Rollenspiel-Fans ein wirklicher Grund zum Freuen: Vier epische Rollenspiele erscheinen in diesem Zeitraum, gleich drei davon im 4. Quartal. Neverwinter Nights 2 und Gothic 3 sind beides Nachfolger von erfolgreichen und beliebten Spielen, deren Bekanntheit dem Erfolg des Spiels bestimmt nur gut tun kann. Doch der dritte im Bunde ist ein Newcomer, ein neues Spiel, ein neuer Name: Two Worlds.
Entwickelt wird das Rollenspiel von den Männern und Frauen von Reality Pump, die sich schon für die Earth-Reihe zu „verantworten haben“. Wer die Werke der polnischen Entwickler kennt, weiß, dass dies nicht ihr erster Ausflug in die Welt der Fantasy ist: Im September 2003 hatten sie den Strategie-Rollenspiel-Mix Knightshift veröffentlicht, der aber leider nicht von Erfolg gekrönt und dem auch hohe Wertungen verwehrt blieben. Dennoch werkelten die Polen am Nachfolger Knightshift 2 weiter, bis sie am 23.12.2005 die Einstellung der Entwicklung von Knightshift 2 verkündeten.
Knightshift 2 ist tot! Es lebe Two Worlds!
Gleichzeitig verkündeten Reality Pump und Zuxxez, dass man ein komplett neues und rein-rassiges Rollenspiel namens Two Wolds entwickeln werden, das sogar schon im nächsten Jahr erscheinen sollte. Wer beim Titel des Spiels zuckt: Es wurde schon einmal ein Two Worlds angekündigt. Damals wurde es von TopWare entwickelt, das aber pleite ging, woraufhin es von Zuxxez aufgekauft wurde. Allerdings hat das Spiel von Reality Pump außer dem Namen nichts mehr mit dem von TopWare gemein.
So wurde – entgegen einiger Gerüchte – eine komplett neue Engine für das Action-RPG entwickelt, die angeblich 10mal so leistungsfähig sein soll wie die Earth 2160-Engine. Die noch namenlose Engine wird die Möglichkeiten aktueller Grafiken mit zahlreichen Shader-Effekten, Bump- und Normalmaps und auch das seit Oblivion so bekannte HDRR (High Dynamic Range Rendering) voll ausreizen und so für ein Grafikspektakel auf dem Bildschirm sorgen. Während die Animationen der Figuren in Knightshift noch von Hand gemacht wurden, hat man für Two Worlds das Animationsstudio der RTL II-Serie Welt der Wunder mit den Animationsarbeiten betraut. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn durch verwendete Motion Capturing-Verfahren werden die einzelnen Bewegungen der Schauspieler mit einer speziellen Kamera erfasst und ins Spiel eingebunden. Durch die direkte Abnahme der Bewegungen vom Schauspieler sehen die Bewegungen in Two Worlds realistischer aus als je zuvor. Krieger schwingen ihre Klingen in einer fließenden Bewegungen um ihren Körper, Äxte werden realistisch in das Schild des Gegners gehauen und die Füße passen sich den Gegebenheiten des Untergrunds an. Wie im richtigen Leben halt! Auch beim Sound lässt Two Worlds nicht lumpen: Für den Soundtrack wurde extra der Oscar-Preisträger Harold Faltermeyer, der schon die Musik für Top Gun komponierte, angeheuert.
Erzähl mir was!
Neben der Grafikpracht bietet Two Worlds natürlich noch einiges mehr. Zum Beispiel eine für Rollenspiele doch etwas konventionelle Story: Der böse Kriegsgott Aziraal ist größenwahnsinning geworden und schmiedet Pläne für seine unumschränkte Herrschaft über alles Leben. Die übrigen, guten Götter können ihn in einer gewaltigen Schlacht besiegen und an einen geheimen Ort verbannen, während Aziraals Anhänger – des Führers beraubt – nun durch die Landen irren. Doch Aziraal wurde nicht getötet sondern nur in eine geheime Grabkammer verbannt, die niemals ein Mensch betreten sollte.
Einige Jahrhunderte später finden Zwerge auf einer ihrer Expeditionen in den Bergen in einem verborgenen Tempel Schriftrollen, die von einer unbekannten Gottheit sprechen. Schnell verbreitet sich das Gerücht, dass Hinweise auf den Standort von Aziraals Grab gefunden wurden, und sofort entbrennt eine Jagd auf die Schriftrollen und Artefakte. Leider kriegen die Orks ebenfalls Wind von der Sache und setzen nun alles dran, um ihren Boss wieder aus seinem Gefängnis zu befreien. Doch die Sterblichen wissen nicht, dass inzwischen schon ein gewaltiger Kampf zwischen Gut und Böse ausgebrochen ist, der das Schicksal und die Zukunft der ganzen Welt betrifft. „Eine Welt mit oder ohne Aziraal. Eine Welt des Guten oder des Bösen.“
Two Worlds beginnt kurz nach der Entdeckung des Tempels. Man spielt einen jungen Mann, der sich bei den Söldnern verdingt hat und zusammen mit seiner Schwester und den übrigen Söldnern durch die Landen reist. Eines Tages besucht die Gruppe eine Stadt am Fuße des Thalamont-Gebirges, demselben Gebirge, in dem der geheimnisvolle Tempel entdeckt wurde und beschließen dort zu übernachten. Noch in derselben Nacht wird die Stadt von Dämonen angegriffen und alle Mitglieder der Gruppe getötet, nur unser Held überlebt. Er macht sich auf, um diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die seine Schwester auf dem Gewissen haben, nicht wissend, dass er mehr und mehr in den Kampf zwischen Gut und Böse verstrickt wird, so dass er am Ende über das Schicksal einer ganzen Welt entscheidet.
Auf die Fresse!
Da sich die Mächte des Bösen dem Helden wohl kaum ob seiner Ausstrahlung und seinem charmanten Lächeln ausliefern würden, muss man zu mächtigen Überredungsutensilien wie z.B. zum traditionellen Schwert greifen: Der Kampf spielt in Two Worlds eine wichtige Rolle. Es gibt die normalen Moves wie Angreifen, die dank des Motion Capturings einfach fantastisch aussehen, aber auch Special Moves, die man bei sogenannten Trainern in den sechs verschiedenen Städten lernen. Diese Moves variieren von Waffe zu Waffe, haben aber einschlägige Wirkung auf den Gegner: So kann man z.B. mit dem Fuß Sand in die Augen des Gegners treiben, so dass dieser für eine kurze Zeit geblendet und natürlich ohne Schutz ist. Oder man entreisst dem Gegner den Schild, wenn man seine Bartaxt reinschlägt. Auch die Fernkämpfer kommen bei den Special Moves nicht zu kurz, so kann man – die richtigen Skills vorrausgesetzt – den Gegner mit einem Pfeil entwaffnen.
Wer nicht laufen mag, kann sich auf einen Pferderücken schwingen und die Gegner entweder einfach überrennen oder die Energie des Gallops dazu nutzen, seinem Schwertstreich noch weitere Power hinzuzufügen, um den Gegner auf die Bretter zu schicken.
Wer unglücklicherweise den Löffel abgibt, braucht sich keine Gedanken machen. Nach dem Tod wird man sofort wieder an einem Resurrection-Circle ohne Verlust und mit voller Ausrüstung wiederbelebt.
Nach dem Kämpfen gehts dann ans Beute sammeln. Und da geht Two Worlds einen schönen und innovativen Weg: Während man bei den meisten Rollenspielen doppelte Waffen oder Rüstungen einfach verkauft, kann man diese bei Two Worlds einfach kombinieren und daraus eine einzelne, mächtigere Waffe machen. So macht Recycling doch Spaß!
Hokus Pokus!
Man kann sich aber nicht nur mit purer Waffengewalt gegen die Horden des Bösen wehren, man kann auch auf einen der 75 Zauber zurückgreifen. Das Magiesystem von Two Worlds besteht aus fünf Magieschulen (Feuer, Erde, Wasser, Luft und Nekromantie), die jeweils wieder in fünf Unterkategorien eingeteilt sind, die jeweils fünf Zauber beherbergen. Genau wie die Waffen lassen sich auch die Zauber kombinieren, um so mächtige Kombinationen zu erschaffen.
Unabdingbar sind eigentlich schon die Teleporter geworden. Während des Spielverlaufs hat man die Möglichkeit bestimmte Teleporterpunkte zu aktivieren, zwischen denen man immer hin- und herreisen kann. Man erhält sogar erst einen und später mehrere portable Teleporter, die das Reisen noch komfortabler machen. Auch wenn das Reisen dank der detailreichen Grafik und der Lebendigkeit der Spielwelt äußerst angenehm ist.
Zusätzlich zur Zauberei gibt es noch die Alchemie, die mit über 60 kombinierbaren Zutaten aufwartet und mit der man mächtige Zaubertränke mischen kann.
| Schulbank drücken
Bevor man allerdings das größte Schwert schwingen und die mächtigsten Zauber aussprechen kann, muss man die dazu nötigen Fähigkeiten natürlich erstmal erlernen. Im Verlauf des Spiels lernt der Held bei entsprechenden Trainern das Kämpfen und das Zaubern. Bezahlt wird das mit Skillpunkten, die er bei jedem Levelaufstieg erhält.
Und wer sich für einen falschen Skill entschieden hat, kann seine Entscheidungen bei Bedarf auch wieder rückgängig machen, um seine Skills neuzuordnen.
Durch dieses System ist eine Klasseneinteilung unnötig geworden, da man so etwa einen magiebegabten Kämpfer spielen kann, und ihn bei Bedarf (und wahrscheinlich für viel Gold) beim nächsten „Wechsler“ in einen reinrassigen Kämpfer umzugestalten. Das Umtauschen funktionert allerdings nur bei den Skills, nicht bei Attributen.
Bla, bla, bla
Um die Geschichte voran zu treiben, erfüllt man die wichtigen Hauptquests, die man vor allem durch Gespräche mit den NPCs erhält. Überhaupt sind Dialoge von wichtiger Bedeutung, denn nur so kann man einen Nebenquest kriegen, herausfinden, wie die Leute gerade zu einem stehen, also ob man gehasst oder geliebt wird, wobei man das – wie z.B. in Fable – auch an ihrer Reaktion auf den Held sehen kann. Gesprächspartner gibt es reichlich: Zum einen sind in jeder der Städe 50 – 80 NPCs, die alle ihrem eigenen Tagesablauf folgen. Dann gibt es noch die Gilden, denen man sich zwar nicht anschließen kann, die aber durchaus interessante Quests im petto haben. Dabei werden die NPCs von professionellen Sprechern vertont. |
Bei den Quests lassen uns die Entwickler freie Wahl zwischen Gut und Böse: Wenn Banditen einen Bauernhof überfallen, kann man den Bauern entweder helfen und die Banditen zurückschlagen ODER sich mit den Banditen verbünden und zusammen das Bauernvolk vernichten. Die Entscheidung bleibt ganz dem Spieler überlassen, allerdings wirkt sich das nachhaltig auf den Ruf des Spielers aus, der sich allerdings realitätsnah erst rumsprechen muss. Reality Pump kündigte an, den Spieler vor vieler dieser moralischen Entscheidungen zu stellen. Das Spiel wirke dadurch reifer, heißt es.